1. Frau L. Eberhard und ihr Schaffen
Elisabethe Friederike Eberhard wurde am 8. Oktober1880 in Augsburg geboren. Ihr Vater Carl war Direktor einer Buntweberei. Die Tochter "Lilli" hatte 6 Geschwister. Sie blieben alle ohne Nachkommen. Die Familie lebte in gutbürgerlichen Verhältnissen in Sueddeutschland.
L.E. war eine Urgroßtante von Ulrich Hoegg, den sie mit der Fortführung ihres wissenschaftlichen Nachlasses betraute.
1900 - 1906 Studium an der Musikhochschule Berlin, Schwerpunkt Harmonielehre, Abschluss als Konzertcellistin mit Auszeichnung. Ein erster eigenständiger Farbenkreis mit Ton-Farbe-Korrelationen fand 1906 den Beifall ihres Prof. J. Joachims, Direktor der Musikhochschule in Berlin. Aufnahme in dessen Kammerorchester.
Ab 1907 Konzertauftritte als Solo-Cellistin in ganz Deutschland.
1907 - 1910 Dozentin am Mozartkonservatorium in Berlin-Charlottenburg.
1910 In Berlin Konzerte „Musikalisches Gemälde" mit Bildprojektionen.
1911 - 1914 Ruf nach Petersburg als Dozentin für „Musik und neue Kunstprobleme".
1914 Uraufführung von „Kunst und Künstler im Lichtspiel" in den Münchner Kammerspielen.
1919 - 1928 war Frau E. Dozentin an den Musik-Akademien in Oslo und Bergen in Norwegen. Sie hatte ihr eigenes Forschungslabor. Dort entwickelte sie ihre Farbenlehre weiter, basierend auf Goethes Farbenkreis und „mitschwingenden Quintfarben". Mit ihren Experimenten war es ihr 1923 gelungen, das Mitschwingen von Farben im Quintenabstand sichtbar zu machen (siehe auch Menü "Farbsysteme" Punkt 4). Ihre Farbkreis-Modelle entwickelte sie zu dieser Zeit als didaktische Hilfsmittel. Im Jahr 1924 gründete sie eine Farben-Harmonielehrschule in Oslo. In mehreren Ausstellungen zeigte sie die Ergebnisse ihrer Forschungen. Die „Eberhard'sche Farbenlehre" war damals in Sachen Mode, Farbgebung von Schul- und Arbeitsräumen und auch bei architektonischen Planungen in Norwegen gefragt.
1922, 1924 und 1928 erhielt Frau E. drei Patente für eine „Tisch-Harfe mit gesondertem Resonanzkörper", einen „Drehbaren Apparat der Farbenakkordharmonien zeigt", und ein „Lehr- und Legespiel" mit besonderen Harmoniefunktionen.
Die Rückkehr nach Deutschland 1928 begann gleich in Hamburg mit einer Enttäuschung: Prof. Dr. G. Anschütz, hielt seine Kongresse für „Farbe-Ton-Forschungen"(!) 1927 - 1931 ohne sie ab (siehe Menü "Farbsysteme").
1929 richtete Frau E. ein „Studio für Farben- und Formenforschung" in München ein. Ihre Dozententätigkeiten nahm sie an der neu gegründeten Münchner Volkshochschule wieder auf. Auch an der Lessinghochschule in Berlin hielt sie Vorträge. Dort war ursprünglich eine Festanstellung geplant. Nach 1933 musste sie, trotz „Ariernachweis" ihre Tätigkeiten als „Musiklehrerin" bald einstellen. Ihre unverblümten Meinungsäußerungen und internationalen Kontakte fanden kein Verständnis bei den Behörden. Frau E. befasste sich fortan, neben der Fortführung ihrer Farbforschungen, mit Farbberatungen und hielt Farbsprechstunden ab.
1944 wurde ihr Studio in München durch Bomben zerstört. Nur ein geringer Forschungsbestand war rechtzeitig nach Eichstätt ausgelagert worden. Die dortige Internierungszeit war für sie „die schwerste Zeit meines Lebens". Von dort aus hatte sie dennoch ihre beiden Hauptwerke fertig gestellt und die Dozententätigkeit an der Münchner Volkshochschule erneut aufgenommen. Erst 1955 bekam sie wieder eine kleine Mietwohnung in München.
Frau Eberhard litt zeitlebens unter der Nichtanerkennung ihrer Farbenlehre in der deutschen Fachwelt. Besonders litt und stritt sie dafür in ihren letzten beiden Lebensjahrzehnten. Sie war fest überzeugt, dass andere ihr Wissen unerlaubt verwendeten.
Mit 85 Jahren stiftete Frau Eberhard verbliebene Nachlassteile an das Deutsche Museum in München: so ihr geliebtes Landolfi-Cello von 1760, ein selbst konstruiertes Farbenharmonium (siehe Menü "Farbsysteme") und diverse Bilder, Tonbänder, Schriften und Bücher.
Am 16. Juni 1972 verstarb Frau L. Eberhard im Alter von 91 Jahren in Fürstenfeldbruck bei München.